Left: Rot/Red (Messing with Your Mind), 2025, 100 cm x 100 cm, paper on canvas
Right: Blau/Blue (Messing with Your Mind), 2025, 100 cm x 100 cm, paper on canvas
Installation view, WUK Projektraum, Vienna, June 2025.
Installation view, WUK Projektraum, Vienna, June 2025. Center: Einblick (Glimpse Inside), 290 cm x 290 cm, paper on canvas.
Left: Into the Void, 2025, 240 cm x 240 cm. Paper on canvas.
Right: Weitblick / Foresight / Vision, 2025, 240 cm x 240 cm. Paper on canvas
Left: Innen und Außen I / Inside - Outside I, 2025, 120 cm x 130 cm, paper on cardboard.
Right: Innen und Außen II / Inside - Outside II, 2025, 120 cm x 130 cm, paper on cardboard.
Detail: Innen und Außen I, 2025, 120 cm x 130 cm, paper on cardboard.
Detail Innen und Außen I, 2025, 120 cm x 130 cm, paper on cardboard.
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The works of the Red and Blue series, large collages made in 2025, are an exploration of the rules and boundaries I set for myself, creating works that are square shaped, collages made of paper and using only the colours red an blue, combined with the white specks of the shredded books I chose, using paper I make myself. The resulting collages vary in size between 100cm by 100cm and 290cm by 290 cm.
So what do I mean by I work within the boundaries I set for myself?
I started paper making in autumn 2023, and quickly realized that the resulting paper would be an interesting material for collages. The individual sheets of paper are ca 23cm by 23cm, a size predetermined by the technicalities of paper making. The process requires a vat or tub of water, deep enough to vertically fully immerse the mould and deckle into the slurry of pulp and water. To create a piece of paper of approximately A4 size - or in my case a square shape of 23 cm by 23cm, a vat approximately 45cm deep and 35cm by 50cm wide, holding about 80 liters is needed, to fully immerse the mould into the slurry. I do not use the deckle as i do not want my paper to have a sharp edge, as I later glue the pieces together to create the large collages, and for a seamless efect a rough edge is better. After dipping the mould into the vat filled with slurry, the paper in the mould is turned out onto felt for couching, then the stacks of paper and felt are pressed and in a next step hung to dry, and then pressed again. If the paper size is too large this entire process becomes too cumbersome and requires larger size tubs, racks, felt and space i do not have. So this is one of the boundaries I work with.
For the collages themselves, I make paper in various densities: some pure blue and little white, some only white and almost no or no blue, for example. The large red collage, Einblick (Glimpse Inside), which measures 290 cm by 290 cm, I made about 260 sheets of paper. You can think of the process as making a mosaic, but not of glass but of paper.
The books used are found books. I started using unwanted books as a cheap material for paper mache and later shredding them for making paper initially because of the paper quality. The books I work with are from the 1950s and 1960s, when paper quality was quite different from today: thick, soft and pulpy, closer to blotting paper than today`s thinner, tougher, heat-pressed and often surface-enhanced papers. I use books I find in Vienna's Offene Bücherschränke, little libraries of used and unwanted books where anyone can leave or take unwanted books. Typically these are romance novels such as Thornbirds, or Angelique series, and most interesting to me, self-help books of the 1950s offering advice for a happy and successful life to a generation coming of age in the German speaking world after WWII.
Initially I chose the books only for their paper quality, until Raimund Pleschberger, whose sculpting class I attend, pointed out that the books contents could be interesting too. This released a whole new approach. I still use mostly 1950s and 60s books but choose books which resonate with me or - as with the self-help literature - attempt to guide people into a proper life, with titles such as Mutter dein Kind (Mother behold your child), intended for expecting mothers. A favourite of mine is Was wir nicht wissen: Das große Buch der Liebeslehren (what we do not know: the big book of love making), of 1957, which is really a book of sex education written for men to enable the man to educate his wife about her body. Written in the 1950s it contains a surprising amount of factual information including some 40 plus positions for intercourse and how to smoothly - without losing connection - move from one position into the next. Like The Joy of Sex but without the drawings. I like the aim of the book, finding sexual fulfilment, but not the stated moral angle of sex is for marriage only and the man is responsible to educate his wife on how to get to know her own body.
For the Red abd BLue series I combined books that seemingly are on opposite ends of a spectrum, authors that never met but which I found side by side in an Offene Bücherschrank: Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht (1951, Rowohlt); Henry Miller, Sexus (Rowohlt, 1970); Kurt Oster-Ebeling, Was wir nicht wissen: Das große Buch der Liebeslehren (Hellas, 1958); A. E. Am Wasser, Mutter Dein Kind (Waldstatt, 1959); Benard/Schlaffer, Mütter machen Männer (Heyne, 1994); Robin Norwood, Wenn Frauen zu sehr lieben (Rowohlt, 1985); Anne Golon, Angelique die Rebellin (Deutscher Bücherbund, 1961).
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Die großformatigen Collagen der Serien „Red and Blue“ entstanden 2025, und sind eine Auseinandersetzung mit selbstgesetzten Regeln und Grenzen: quadratisches Format, Collagen aus selbstgeschöpftem Papier, in Rot, Blau und Weiß, wobei das Weiß im Papier von den von mir ausgewählten, geschredderten Büchern stammt. Die entstandenen Collagen variieren in ihrer Größe zwischen 100 cm x 100 cm und 290 cm x 290 cm.
Was meine ich damit, dass ich innerhalb der Grenzen arbeite, die ich mir selbst gesetzt habe?
Aus einer Laune heraus begann ich im Herbst 2023 Papier zu schöpfen und erkannte schnell, dass das so entstandene Papier ein interessantes Material für Collagen sein könnte. Die einzelnen Papierbögen sind ca. 23 cm x 23 cm groß, eine Größe, die durch die technischen Gegebenheiten der Papierherstellung vorgegeben ist. Für den Prozess benötigt man einen Bottich oder eine Wanne mit Wasser, die tief genug ist, um den Schöpfrahmen und den Deckel vollständig vertikal in die Pulpe-Wasser-Masse einzutauchen. Um ein Blatt Papier in etwa A4-Größe herzustellen – oder in meinem Fall ein Quadrat von 23 cm x 23 cm – benötigt man einen Bottich mit einer Tiefe von etwa 45 cm und einer Breite von 35 cm x 50 cm, der etwa 80 Liter fasst, um die Form vollständig in die Mischung as Pulpe und Wasser einzutauchen. Ich verwende den Schöpfrahmen ohne Deckel, um scharfe Kanten an meinem Papier zu vermeiden, da ich die Stücke später zu großen Collagen zusammenklebe und für einen nahtlosen Effekt eine raue Kante besser ist. Nachdem die Form in den mit Papierbrei gefüllten Bottich getaucht wurde, wird das Papierblatt entformt und zum Trocknen auf Filz gelegt, dann werden die Papier- und Filzstapel gepresst und im nächsten Schritt zum Trocknen aufgehängt und anschließend erneut gepresst. Wenn das Papier zu groß ist, wird dieser gesamte Prozess zu umständlich und erfordert größere Wannen, Gestelle, Filz und Platz, über den ich nicht verfüge. Das ist also eine der Grenzen, mit denen ich arbeite.
Für die Collagen selbst stelle ich Papier in verschiedenen Dichten her: zum Beispiel einige rein Blau und wenig Weiß, andere nur Weiß und fast kein oder gar kein Blau. Für die große rote Collage „Einblick” mit den Maßen 290 cm x 290 cm habe ich etwa 260 Blatt Papier hergestellt. Man kann sich den Prozess wie das Herstellen eines Mosaiks vorstellen, allerdings nicht aus Glas, sondern aus Papier.
Die verwendeten Bücher sind Fundstücke. Ich begann, unerwünschte Bücher als billiges Material für Pappmaché zu verwenden und später um daraus Papier herzustellen. Die Bücher, mit denen ich arbeite, stammen aus den 1950er und 1960er Jahren, als die Papierqualität noch ganz anders war als heute: dick, weich und zellulosereich, eher wie Löschpapier als wie das heutige dünnere, festere, heißgepresste und oft oberflächenveredelte Papier. Ich verwende Bücher, die ich in den Offenen Bücherschränken Wiens finde, kleinen "Bibliotheken" mit gebrauchten und ausrangierten Büchern, in denen jeder unerwünschte Bücher abgeben oder mitnehmen kann. Typischerweise handelt es sich dabei um Liebesromane wie „Die Dornenvögel“ oder die „Angelique“-Reihe. Am interessantesten für mich sind Selbsthilfebücher aus den 1950er Jahren, die der Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg im deutschsprachigen Raum erwachsen wurde, Ratschläge für ein glückliches und erfolgreiches Leben geben sollte.
Anfangs wählte ich die Bücher nur aufgrund ihrer Papierqualität aus, bis Raimund Pleschberger, dessen Bildhauerkurs ich besuche, mich darauf hinwies, dass auch der Inhalt der Bücher interessant sein könnte. Das eröffnete mir einen ganz neuen Ansatz. Ich verwende immer noch hauptsächlich Bücher aus den 1950er- und 1960er Jahren, wähle aber Bücher aus, die mich ansprechen oder – wie die Selbsthilfeliteratur – versuchen, Menschen zu einem richtigen Leben anzuleiten, mit Titeln wie „Mutter dein Kind“, das sich an werdende Mütter richtet. Eines meiner Lieblingsbücher ist „Was wir nicht wissen: Das große Buch der Liebeslehren“ aus dem Jahr 1957, ein Buch über Sexualaufklärung, das für Männer geschrieben wurde, damit sie ihre Ehefrauen über ihren Körper aufklären können. Es wurde in den 1950er Jahren geschrieben und enthält eine überraschende Menge an Fakten, darunter mehr als 40 Stellungen für den Geschlechtsverkehr und Anleitungen, wie man reibungslos – ohne die Verbindung zu verlieren – von einer Stellung zur nächsten übergeht. Ähnlich wie „The Joy of Sex“, nur ohne die Zeichnungen. Mir gefällt das Ziel des Buches, Hilfe zur sexuelle Erfüllung zu bieten, aber nicht die erklärte moralische Sichtweise, dass Sex nur in der Ehe stattfindet und der Mann dafür verantwortlich ist, seiner Frau zu zeigen, wie ihr eigener Körper funktioniert.
Für die Reihe „Red and Blue“ habe ich Bücher kombiniert, die scheinbar an entgegengesetzten Enden eines Spektrums stehen, Autoren, die sich nie begegnet sind, die ich aber nebeneinander in einem Offenen Bücherschrank gefunden habe: Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht (1951, Rowohlt); Henry Miller, Sexus (Rowohlt, 1970); Kurt Oster-Ebeling, Was wir nicht wissen: Das große Buch der Liebeslehren (Hellas, 1958); A. E. Am Wasser, Mutter Dein Kind (Waldstatt, 1959); Benard/Schlaffer, Mütter machen Männer (Heyne, 1994); Robin Norwood, Wenn Frauen zu sehr lieben (Rowohlt, 1985); Anne Golon, Angelique die Rebellin (Deutscher Bücherbund, 1961).
Photocredit: Simon Spitzer, 2025. All photos were taken at the exhibition "Ludwig Daxer, Luise Wascher - Ausstellung aktueller Arbeiten, at WUK Projektraum Vienna, 26-28 June 2025. Thank you, Simon and thank you, Ludwig!